Schulrecht Berlin

Schulrecht Berlin

lehrerEs gibt keinen abschließenden Rechte- und Pflichtenkatalog für die erzieherischen Maßnahmen, die Lehrkräfte im Rahmen ihres Erziehungs- und Bildungsauftrags anwenden dürfen. So soll gesichert werden, dass der Lehrer individuell, in jedem Fall und jeder Situation, angemessen reagieren und für ein angenehmes Lernklima sorgen kann.

Grenzen des erzieherischen Einwirkens ergeben sich insbesondere aus dem verfassungsrechtlich bestimmten Persönlichkeitsrecht der Schülerinnen und Schüler und dem – neben dem der Eltern bestehenden – selbstständigen Erziehungsauftrag der Schule. Maßnahmen oder andere Einwirkungen müssen grundsätzlich immer auch erzieherisch begründet und vor allem verhältnismäßig (also erforderlich, geeignet und mithin das mildeste Mittel zur Erreichung des Zwecks) sein. Maßnahmen allein strafenden Charakters sind ausgeschlossen. § 63 Abs.1 des Schulgesetzes für das Land Berlin bestimmt ferner, dass „jede Form der körperlichen Züchtigung und andere entwürdigende Maßnahmen“ verboten sind.

Die wesentlichen Maßstäbe für erzieherisches Handeln in der Schule ergeben sich zunächst aus den Grundsätzen zur Erfüllung des Bildungsauftrags gemäß § 4 des Schulgesetzes für das Land Berlin.

Sofern die disziplinarische Maßnahme eines Lehrers eine Reaktionen auf das Fehlverhalten eines Schülers ist, sind die §§ 62 und 63 des Schulgesetzes für das Land Berlin anzuführen, die die Bestimmungen zur Reaktion auf ein Fehlverhalten mit Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen enthalten und schulische Maßnahmen im Sinne der – gegenüber Erziehungsmaßnahmen – schwerwiegenderen Ordnungsmaßnahmen abschließend beschreiben (Maßnahmen bei Erziehungskonflikten). Diese Rechtsvorschrift beinhaltet keine Instruktionen im Sinne einer „Wenn-dann“-Folge.

Neben dem Berliner Schulgesetz, das explizit nur die Ordnungsmaßnahmen festlegt und das jeweilige Verfahren beschreibt, werden auch noch die Ausführungsvorschriften über Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen (AV EOM) angewendet. Hiernach ist bei Erziehungsmaßnahmen zu beachten, dass diese nicht abschließend in der AV EOM aufgezählt sind sondern es Aufgabe der jeweiligen Schulkonferenz ist, (auch weitergehende) Regelungen über Erziehungsmaßnahmen zu treffen. Soweit die Schulkonferenz hierzu keine Aussagen macht, entscheidet der einzelne Lehrer im Rahmen der AV EOM, welche Erziehungsmaßnahmen er anwendet. Die AV EOM schlägt als Erziehungsmaßnahmen vor: klärendes Gespräch, Tadel oder zeitweiser Ausschluss aus einer Unterrichtsstunde.

Der Ermessenspielraum der Lehrkräfte

Insbesondere im Bereich der vielfältig möglichen – in der genannten Verordnung nicht abschließend geregelten – Erziehungsmaßnahmen, verfügen die Lehrkräfte über einen Ermessensspielraum, der nicht zuletzt mit Fingerspitzengefühl und sicher auch mit angemessener erzieherischer Phantasie ausgefüllt werden sollte.

Darüber hinaus ist es Schulen vorbehalten, etwa im Rahmen spezifischer Schulprogramme oder auf Grund von Konferenzbeschlüssen bestimmte Grundsätze vorzugeben, also eine Schulordnung auszuarbeiten. So kann es durchaus sein, dass das Schulgesetz des Landes die Nacharbeit von Versäumtem in der Schule, Nachsitzen, erlaubt, die Schule sich aber in einer hauseigenen Schulordnung gegen diese disziplinarische Maßnahme entschieden hat. Dann ist Nachsitzen an der Schule nicht möglich.

Verbietet das Schulgesetz hingegen zum Beispiel die körperliche Züchtigung von Schülern, kann keine Schule durch ihr hauseigenes Schulgesetz diese erlauben. Es gilt Landesrecht vor Schulordnung.

Beispiele aus dem Schulalltag

Täuschungsversuch:

Abschreiben oder ein Spickzettel in der Tasche ist ein Täuschungsversuch und kann mit „ungenügend“ (Note sechs) bewertet werden. Dazu darf auch die Arbeit zu Beweiszwecken weggenommen werden.

Nachsitzen:

Nachsitzen ist zulässig. Dies ist eine Erziehungsmaßnahme gemäß § 62 Schulgesetz (Seite 48). Nachsitzen wird hier zwar nicht ausdrücklich genannt, ist aber dennoch möglich.

Geldstrafe:

Die Möglichkeit, den Vorwurf eines Fehlverhalten mittels Geld zu kompensieren, ist nur mit Zustimmung der Eltern möglich und andernfalls unzulässig. Es gibt für diese disziplinarische Maßnahme keine Rechtsgrundlage.

Anlässlich schwerwiegenden Fehlverhaltens (z.B. strafbaren Fehlverhaltens in der Schule oder mit unmittelbarem schulischen Bezug) kann es neben dem ordnungsrechtlichen Handeln (Ordnungsmaßnahmen) der Schule auch erforderlich sein, das zuständige Jugendamt sowie auch die Polizei zu informieren. Dem erzieherischen Auftrag der Schule entspricht es dann vor allem auch, das Wohl des Schülers und der Mitschüler (vor allem deren Schutz) im Blick zu behalten.

In die Rechte der Lehrkräfte im ordnungsrechtlichen Zusammenhang einzubeziehen ist selbstverständlich auch der Kontakt mit den Eltern, die Hinzuziehung des schulpsychologischen Dienstes oder die Initiierung einer Konfliktschlichtung.


(Stand: März 2007)

Quelle: http://www.focus.de/familie/schule/recht/berlin-berlin_id_2312894.html

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ich kann rechnen :-))